Der Son
Der son
spiegelt die kubanische Seele wider, er ist música mulata - Mulattenmusik,
von Europa und Afrika in Kuba. (Nicolás Guillén)
Zum
Markenzeichen der kreolischen Kultur wurde der son, weil sich zum ersten
Mal weiße und scharze Kubaner mit derselben Musik indentifizieren konnten.
In den zwanziger Jahren verbreitete sich der son über die gesamte Insel
und in die Städte. An jeder Straßenecke hörte man seinen lasziv
synkopierten Rhythmus. Die Musiker begleiteten sich auf handlichen
leichten Instrumenten: dem tres (einer kleinen Schwester der spanischen
Gitarre), Bongotrommeln, maracas (hierzulande als Rumbakugeln bekannt) und
den claves. Als Bass fungierte meist eine leere Flasche. Als nun der son
zum beliebtesten Tanz der Haupstadt avancierte und die tanzwütigen
Habaneros immer größere Tanzsäle füllten, erwies sich diese
Instrumentierung als zu dürftig. So kamen Gitarre, Kontrabass und Trompete
hinzu - die instrumentale Grundausstattung der zahllosen sextetos und
septetos im Havanna der zwanziger Jahre.
Der
blinde Tres-Spieler Arsenio Rodríguez leitete 1940 eine neue Phase für den
son ein: Er fügte dem traditionelln Son-Septett zwei Trompeter, zwei
Sänger, einen Pianisten und einen Conga-Spieler hinzu, nannte diese
Orchsterform conjunto und produzierte einen spezifischen Klang, den man
heute als Wegbereiter der New Yorker salsa erkennen kann. Bekanntester
sonero dieser Zeit war Benny Moré, dessen Platten noch heute in Kuba gerne
gehört und gekauft werden. Insbesondere galt er als Meister des son
montuno, der schnellsten und temperamentvollsten Variante des son aus den
Bergen des Ostens, der oft in großer Orchesterbesetzung gespielt
wird.
In den
vierziger und fünfziger Jahren machten dem son zwei neue kubanische
Rhythmen Konkurrenz, die um die Welt gingen Mambo
und Chachachá
Alle drei Tänze werden traditionell von Charanga-Orchestern gespielt,
deren Klang entfernt an europäische Kaffeehaus-Orchester erinnert: leicht
zittrige Geigen, ein sanft verstimmtes Klavier, eine konzertante
Querflöte, ein rhythmischer Kontrabass und die hier spezifische karibische
Perkussion.
In dem
Lied "Mi salsa Cubana" von Septeto Raison heißt es: "...im kubanischen
Salsa-Topf köcheln son, mambo, guaguancó und chachachá vor sich hin und
verbreiten einen unwiderstehlichen Duft."
In den
siebziger Jahren gelangte der son schließlich in die USA. Bekannte Namen
wie Celia Cruz oder Tito Puente sorgten dafür, daß er speziell in der
Musik- und Nachtclubszene von New York rasch begeisterte Anhänger fand.
Das wachsende Interesse stieß bald auf die Resonanz der Medienindustrie:
sie begann den son unter dem Begriff salsa (scharfe Soße) weltweit zu
vermarkten. Ein typisches Produkt dieser kommerzialisierten Variante ist
beispielsweise die salsa romantica, die auch dem "weniger feurigen"
amerikanischen bzw. europäischen Geschmack entsprach und sich
international durchsetzen konnte.
In der
Salsa-Szene der USA gibt es wohl kaum ein Fest, das die Latinogemeinde so
sehr herbeisehnt, wie das große Straßenfest in Miamis achter Straße. La
Calle 8 verwandelt sich in jedem Frühjahr für drei Tage und Nächte in eine
Party- und Tanzzone besonderer Art. Die bekanntesten Salsa- und
Merengue-Gruppen sind zu Gast und spielen rund um die Uhr für ihre Fans.
Miami gilt als Hochburg der Salsa- und Merengue-Kultur, seit sich dort
hunderttausende von Exil-Kubanern niedergelassen haben. Sie sorgten nicht
nur für eine eigene Infrastruktur mit Wohnvierteln, Clubs und Läden,
sondern lockten auch Menschen aus Kolumbien, Brasilien, Venezuela und
anderen südamerikanischen Ländern an. Entsprechend bunt und vielseitig
präsentiert sich die Musikszene der Stadt, in der die unterschiedlichsten
Stile und Nationen verschmelzen.
Von New
York aus erfaßte die salsa den gesamten karibischen Raum. So brachte Richy
Rey 1968 die Salsa-Musik auch nach Baranquilla an der kolumbianischen
Karibik-Küste, dem Zentrum der Cumbia-Musik und des zweitberühmtesten
Karnevals in Amerika. Die dortigen Bewohner nahmen diese Musik als etwas
eigenes auf. So ist Baranquilla auch bekannt für seine picos und seine
Straßenfeste. Picos sind kleine, bunt mit folkloristischen Themen bemalte
Lastwagen mit fest installierten riesigen Lautsprecherboxen. Leute aus
einer Straßenzeile schließen sich zusammen, mieten einen pico, sperren die
Straße ab und verwandeln sie in eine Tanzpiste. Sie stellen Stühle und
Tische heraus und laden die Nachbarn der anliegenden Straßenzüge zu ihrem
Fest ein...
Während
des Karnevals findet in Baranquilla ein großer Orchesterwettstreit mit
mehr als 30.000 Besuchern statt. König diese Festivals ist Joe Arroyo.
Achtmal wurde er mit dem höchsten Preis, dem Congo de Oro, ausgezeichnet.
Auch auf dem jährlich in Cartagena organisierten größten Musik-Festival
der Karibik ist er der Star seiner Heimatstadt. In seiner zwanzigjährigen
Musikkarriere hat sich der aus ärmsten Verhältnissen stammende Joe in die
Herzen der Menschen gesungen.
Als
eigentliche Hauptstadt der Salsa-Musik gilt in Kolumbien allerdings Cali,
die Stadt der Rumba. Ihr zugehöriges Land, das Valle ist der größte
Zuckerrohrproduzent Kolumbiens. Durch die Vielzahl ehemaliger schwarzer
Plantagensklaven erscheint die Rassenmischung eher afrikanisch. Außerdem
gab es über den nahegelegenen Pazifikhafen Buenaventura in diesem
Jahrhundert eine ständige Immigration von Fremden, angezogen von dem
wirtschaftlichen Reichtum der Valle-Region und deren Hauptstadt Cali. Die
musikalische Sensibilität der Schwarzen und Mulatten hat der Salsa-Musik
in Cali zum Durchbruch verholfen. Schon in den sechziger Jahren wurden die
ersten Salsagruppen gegründet u.a. Fruko y sus tesos. Heutzutage gibt es
unzählige Salsotecas, in denen man sowohl tanzen als auch Musik hören
kann. Im Juanchito, einem ganzen Salsa-Dorf in der Nähe Calis, das nur aus
Tanzschuppen besteht, verbringt die Bevölkerung das ganze
Wochenende.
Zwischen
Weihnachten und Neujahr feiert die Stadt ihr jährliches Fest - die "Feria
de Cali". Mit Stierkämpfen und Umzügen, aber haupsächlich als
eine große
"Rumba" auf allen Straßen und Plätzen, in den Barrios und im
Fußballstadion, wo anläßlich des Festivals der Orchester in einem
musikalischen Marathon von 12 Stunden etwa 30 nationale und internationale
Orchster defilieren. Hier treten die großen Stars der Salsa-Musik auf:
Celia Cruz, Ruben Blades, Oscar d´Leon, Marc Anthony, Rey Ruiz etc. und
die besten der etwa hundert kolumbianischen Salsa-Orchester wie Grupo
Niche oder Guyacan.