Cumbia
Cumbia! Tanz der Schwarzen, Tanz meiner Heimat! Eine ganze Rasse schreit
auf in diesen elektrischen Bewegungen, den verrenkten Pirouetten der
epileptischen Glieder... (Jorge Angel)
Die cumbia
oder cumbiamba gilt als der traditionell wichtigeste Musikstil an der
kolumbianischen Karibik-Küste. Ihr Name entstammt dem Wort cumbé, einem
populären afrikanischen Tanz aus der Region von Batá in Guinea. Dabei
bedeutet "cum" Trommel und "ia" sich bewegen, sich schütteln. Ursprünglich
von den Sklaven nach Kolumbien gebracht, vermischte sich der cumbé im
Laufe der Zeit mit indianischen und spanischen Elementen und wandelte sich
so in die cumbia, einem Tanz der Mestizen.
In der
Kolonialzeit breitete sich die cumbia in den Regionen von Cartagena, Santa
Marta und Magdalena aus. Die wahre cumbia war ein Ritualtanz und begann
mit sehr langsamen Rotationen, dauerte Stunden und Tage...wie eine Reise
ohne Wiederkehr.
"Gib mir deine
Cumbia
gib mir deinen Porro
gib mir deinen
Merecumbé
mit deinen hübschen Frauen
mit deiner herrlichen Landschaft
mit deinem köstlichen
Schnaps
möchte ich genießen in Kolumbien."
(Giullermo
Portavales "Cumbiamba")
In diesem
rituellen, erotischen Tanz repräsentiert die Frau das indianische und der
Mann das afrikanische Element. Die Frau hält ein Bündel von brennenden
Kerzen in der Hand, während der Mann sie mit lasziven Bewegungen umwirbt,
ohne sie jedoch zu berühren. Es ist die Frau, die die Kerzen trägt, denn
sie ist das Licht, das den Mann auf seinen Wegen führt. Die Paare tanzen
im Kreis um die Musiker herum. Die Männer tragen weiße Hosen und Hemden,
ein rotes Halstuch, einen Hut aus Palmenfasern und haben Indiobeutel bzw.
Machetenfutterale umgehängt. Die Frauen sind mit langen, weiten Röcken (polleras)
und Rüschenblusen im traditionellen Rotweiß-Karomuster bekleidet. Das
Ritual beginnt: die Männer versuchen die Frauen zu erobern; diese weichen
aus, lassen sie ins Leere laufen, geben sich ihnen momentan hin...
Nachts
markierten die afrikanischen Trommeln den Rhythmus zur glühenden Melodie
der indianischen Gaitas, zur Ergötzung der Herrschenden, die ihre Logen
auf den Mauern von Cartagena De Indias aufstellten und so die Schwarzen
und Indios beobachteten, die am Strand um ein riesiges Feuer spielten und
tanzten. (Historische Beschreibung)
Die cumbia
war zum Anfang nur ein Tanz ohne Gesang, der noch im 17. Jahrhundert
ausschließlich von Trommeln begleitet wurde. Erst später wurden die
Instrumente mit indianischen und europäischen Elementen erweitert. Die
wichtigsten indianischen Instrumente sind die gaitas und die maracas. Die
gaitas, nicht zu verwechseln mit den gleichnamigen europäischen
Instrumenten, sind Flöten, die aus einem Kaktus (cardón) hergestellt und
traditionell von den Cuna-Indios im Choco-Urwald und den Kogis in der
Sierra Nevada von Santa Marta gespielt werden. Die weibliche gaita besitzt
fünf Öffnungen und trägt die Melodie bzw. den Gesang. Die männliche gaita
hat nur ein Loch und markiert die tiefen Töne d.h. den Takt des Liedes.
Der schwarze Kopf dieser Flöte ist aus mit pulverisierter Pflanzenkohle
gemischtem Bienenwachs gefertigt; das Mundstück besteht aus einem Stück
Entenfeder. Als zweites indianisches Instrument gelten die maracas, kleine
Kalebassen- Kürbisse, die mit Samen, kleinen Steinen oder Reis gefüllt
sind. Außerdem kommen in der Cumbia-Musik drei verschiedene Trommeln vor -
die männliche Trommel el llamador (Rufer) von etwa 25 cm Höhe, die
weibliche Trommel el alegro von 70 cm und der bombó oder auch tambora mit
zwei Membranen. In jüngerer Zeit waren in der Cumbia-Musik auch die Klänge
des europäischen Akkordeons zu finden, später kamen auch die caja
(Marschtrommel), die Klarinette, verschiedene andere Blasinstrumente und
das Klavier hinzu.
Die cumbia
erscheint als musikalische Matrize, die regional spezifische Musikstile
umschließt: den bullerengue, den porro, chandé, die puya, gaita, den
mapalé, merengue, paseo, fandango, den abosao, den paseo vallenato und
andere. Die Themen der Lieder besingen die Frau, die Liebe, die Natur und
den Alltag der Karibik-Bewohner. Banale Texte wie "Ich habe mein Kettchen
verloren" wechseln sich ab mit politischen Manifesten wie "Ich möchte
aufschreien, aber sie lassen mich nicht..." Ein gutes Beispiel ist "La
Zenaida" von Armando Hernandez:
"Am frühen
Morgen verläßt Zenaida ihr Elendsviertel, steckt ihre Zigarre
an und geht los, um reife Früchte zu verkaufen. Zenaida hat
hart zu laufen mit ihren Sandalen,
eine reife Frucht, die Frau
der Straße, Negrita aus dem Mangrovenwald, Ameise der Stadt...
Deine Frucht schmeckt mir nach Cumbia, Cumbia meines Meeresstrandes.
Zenaida, tanz meine Cumbia, tanz meine Cumbia..."
Heute hat die cumbia auch die
Discotheken und Festivals der kolumbianischen Karibik-Küste erobert. Durch
die vielen Radiostationen begleitet sie die Bewohner im Norden Kolumbiens
in allen Lebenssituationen. Das wichtigste Cumbia-Festival findet jedes
Jahr im Juni in El Banco/Magdalena statt. Eine der bekanntesten
Cumbia-Gruppen sind die Corraleros de Majagual, begründet 1959 von Antinio
(Toño) Fuentes, dem legendären Urheber von Discos Fuentes, dem größten
Label für musica tropical in Kolumbien.
Der wohl
bedeutendste Cumbia-Hit wurde im Jahre 1962 von Wilson Choperena
komponiert und zunächst von Pedro Salcedo, in der Folge von allen
wichtigen Cumbia-Orchestern interpretiert - "La Pollera Colora". Mit
diesem Lied trat die Cumbia ihren Siegeszug durch das "kalte Land" (tierra
fria) der Bergregionen Kolumbiens an und gelangte schließlich auch zu
internationalem Erfolg.